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Unterbring von Flüchtlingen in Kommunen

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Moser,

sehr geehrte Damen und Herren

Oberbürgermeister, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,

 

herzlichen Dank für Ihr Schreiben und auch nochmals für das Gespräch im Juli. Ich nehme Ihre klaren Botschaften zur aktuellen Situation und zum Handlungsdruck sehr ernst.

 

Wir stehen gemeinsam ein für unsere humanitären Verpflichtungen aus dem Grundgesetz und der Genfer Flüchtlingskonvention. Um dafür eine breite Akzeptanz zu erhalten, ist jetzt aber konsequentes Handeln geboten. Unsere Hilfe muss klar auf die tatsächlich schutzbedürftigen Menschen fokussiert werden. Dabei brauchen wir ein funktionierendes europäisches System. Gleichzeitig müssen aber in Deutschland zusätzliche Maßnahmen sehr zeitnah kommen. Es gilt der Satz des früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck: „Unser Herz ist weit, doch unsere Möglichkeiten sind endlich“.

 

Die Kommunen leisten bei Unterbringung, Betreuung und Integration von Flüchtlingen Herausragendes. Davor habe ich größten Respekt und dafür will ich Ihnen sehr herzlich danken. Umso mehr müssen den Städten und Gemeinden zumindest die Kosten erstattet werden. Es ist inakzeptabel, dass die Bundesregierung nach Auslaufen des bewährten sogenannten „4-Säulen-Modells“ noch immer keine Verlässlichkeit für eine Anschlussregelung gefunden hat. Die Ampel lässt die Kommunen so auf den Flüchtlingskosten sitzen. In den Jahren nach 2015 wurden die tatsächlichen Kosten ersetzt. Derzeit sind es Beträge, die bei weitem nicht ausreichen. Der Bund muss die vollständigen Kosten der Unterkunft erstatten und die Integrationskosten - etwa in Schulen und Kitas. Eine faire Unterstützung der Kommunen ist dringlich, gleichzeitig müssen aber auf allen Ebenen konsequente Maßnahmen umgesetzt werden, um die Zahlen durch Fokussierung auf schutzbedürftige Menschen sehr erheblich zu reduzieren.

 

Als Unionsfraktion haben wir bereits im März dieses Jahres bei einem Kommunalgipfel mit rund 400 Landräten, Oberbürgermeistern und Bürgermeistern über Parteigrenzen hinweg diskutiert. Schon dort wurde die Lage genauso beschrieben wie in unserem Gespräch und in Ihrem Brief.

Wir haben daraufhin unsere Forderungen in dem Positionspapier „Für Humanität und Ordnung in der Asyl- und Flüchtlingspolitik“ am 14. März 2023 formuliert. Auf dieser Grundlage bringen wir sie fortlaufend in den Bundestag ein. Als CDU Baden-Württemberg haben wir zudem im Sommer die Resolution „Migration steuern, ordnen und begrenzen - Kommunen unterstützen!“ beschlossen. Auch hier werden die von Ihnen geforderten Weichenstellungen aufgegriffen. Beide Papiere sende ich Ihnen anbei.

 

Wir erwarten vom Bund, dass er auf Basis des Kompromisses zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems die weiteren Schritte entschieden und mit einer Stimme vorantreibt: Wir brauchen auf europäischer Ebene einen effektiven Außengrenzschutz, eine verpflichtende Registrierung an der Außengrenze, konsequente Grenzverfahren, ein faires Zuständigkeitsregime und Maß-nahmen zur wirksamen Reduzierung der Sekundärmigration. Auch die Sozialstandards in der EU für Flüchtlinge und Migranten müssen angenähert werden.

All diese Maßnahmen müssen auch dazu beitragen, das Geschäftsmodell von Schleppern und Schleusern, die sich an der Not der Menschen bereichern, zunichte zu machen. Dazu gehört die Bekämpfung von Fluchtursachen und die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen in den betreffenden Ländern genauso wie Hilfsangebote vor Ort, damit sich die Menschen gar nicht erst auf den lebensgefährlichen Weg nach Europa machen müssen.

 

Eine europäische Regelung ist die notwendige Antwort, wir müssen Europa deshalb stärken. Aber europäische Prozesse sind komplex und brauchen Zeit. Deshalb treten wir auch für ein Bündel nationaler Maßnahmen ein, um irreguläre Migration zu bekämpfen. Die einzelnen Forderungen sind in den beiden Papieren ausführlich benannt. Im Kern geht es darum, Asylverfahren weiter zu beschleunigen, falsche Anreize zu vermeiden, Rückführungen – auch durch den Abschluss von Abkommen mit den Herkunftsstaaten - wirksam umzusetzen und Kontrollen in den Grenzgebieten zu verstärken. Dabei üben wir seit mittlerweile Monaten Druck auf die Bundesregierung aus, die notwendigen Schritte umzusetzen.

 

Die Ampel bleibt aber weit hinter dem zurück, was dringend erforderlich wäre. Das will ich bei der Einstufung weiterer Herkunftsländer als sichere Herkunftsstaaten exemplarisch beschreiben. Diese Einstufung hat sich in den letzten Jahren als wirksames Mittel erwiesen, Verfahren stark zu beschleunigen und damit eine zeitnahe Rückführung zu ermöglichen. Bereits im Januar 2019 wurde noch zu unserer Regierungszeit vom Bundestag beschlossen, auch die drei Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Seit nunmehr über vier Jahren scheitert das aber an der Blockade der Grünen, zunächst im Bundesrat, jetzt auch in der Bundesregierung. Stattdessen sollen nun lediglich Georgien und Moldawien als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. Dabei darf es nicht bleiben. Gerade die Einstufung der Maghreb-Staaten ist ein wichtiger Beitrag im Sinne der Fokussierung unserer Hilfe auf die Schutzbedürftigen. Eine Geltendmachung individueller Verletzung bleibt auch dann möglich, eine erhebliche Beschleunigung könnte aber er-reicht werden.

 

Angesichts der von Ihnen beschriebenen Situation ist eine über-parteiliche Verständigung von Bund, Ländern und Kommunen zur Flüchtlingspolitik notwendig. Alle müssen an den Tisch, um gemeinsam die notwendigen Schritte zu gehen. Vom Bundeskanzler und der Bundesregierung gab es bislang hierzu keinerlei Bewegung. Bei einem Bund-Länder-Treffen im Mai wurden die Kommunen komplett außen vorgelassen. Jetzt ist im neuen Papier des Bundeskanzlers für einen „Deutschland-Pakt“ zu alldem gerade einmal ein kurzer sehr allgemeiner Absatz enthalten. Ich sende es Ihnen ebenfalls anbei. Sehr abstrakt geht es um Verwaltungsverfahren, Beschleunigung von Rückführungen und Zusammenarbeit von Behörden. So wird das nicht ausreichen. Wir sind als Union auch aus der Opposition heraus konstruktiv zur Zusammenarbeit bereit. Erforderlich ist dabei aber ein umfassendes Programm mit konsequenten und konkreten Maßnahmen.

 

Ich danke Ihnen für unseren offenen und konstruktiven Austausch und bin jederzeit zu weiteren Gesprächen oder Vor-Ort-Terminen bereit.

 

Mit herzlichen Grüßen

 

 

 

Andreas Jung 

 

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Schreiben Bürgermeister Moser
zur Unterbringung von Flüchtlingen in Kommunen
Schreiben BM Moser Unterbringung von Flü
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"Für Humanität und Ordnung in der Asyl- und Migrationspolitik"
Positionspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Positionspapier - Für Humanität und Ordn
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"Migration ordnen, steuern und begrenzen - Kommunen unterstützen!"
Positionspapier der CDU Baden-Württemberg
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